Von Exulanten und einem Schlüssel am Nagel

Nach dem schrecklichen Krieg dauerte es eine Weile, bis das Landl wieder einigermaßen besiedelt war. Eine wichtige Rolle spielten dabei Exulanten aus "dem Landl ob der Enns", jenem Gebiet nördlich des Zusammenflusses von Enns und Steyer, das heute zu Oberösterreich und Niederösterreich gehört, jenem Gebiet nördlich des Zusammenflusses von Enns und Steyer und westlich der Enns - fast bis Admont im Süden (was östlich der Enns liegt, hieß "unter der Enns"). Diese Menschen, die um ihres evangelischen Glaubens willen ihre österreichische Heimat verlassen mussten, brachten neben neuen Familien- bzw. Hausnamen vermutlich auch die Bezeichnung des Wolfstein'schen Gebietes mit, weil sie es angeblich nach ihrer verlorenen Heimat "Landl" nannten.
Historisch Belegbares wie sagenhafte, mündliche Überlieferung rankten sich auch um die nächste geschichtlich entscheidende Wende. 1740 verstarb der letzte Wolfsteiner männlicher Linie. Der Erbprinz hatte schon Jahre zuvor, 1728, gerade zwölf Jahre alt den Tod gefunden. Hartnäckig halten sich um dieses Sterben im Kindesalter Gerüchte. "Der Erbprinz sei im Auftrag Bayerns vergiftet worden" Das ist wohl Fantasie; doch ein Körnchen Wahrheit steckt darin. Unzweifelhaft kam dem Kurfürsten von Bayern das Ende dieser reichsgräflichen Herrschaft mehr als gelegen; konnten sie doch nun das Landl sich ein verleiben, diesen evangelischen Fremdkörper mitten in der wieder katholisierten Oberpfalz.
Auch hier sollte die Rekatholisierung durchgeführt werden. Es gab in diesem Zusammenhang viel Aufhebens um einen Kantorssohn, der katholisch geworden war und ähnliche Vorgänge.
Es gab aber auch viel Bekennermut und Bereitschaft für den evangelischen Glauben etwas zu riskieren; vielleicht schlug da ein Erbe der Exulanten durch. So wird eine Torwartswitwe Wurzinger erwähnt, die den Dienst ihres verstorbenen Mannes nur dann erhalten sollte, wenn sie katholisch würde: aber sie verzichtete auf diesen Dienst mit seinem sicheren Einkommen und fand im Tal eine Bleibe. In diesem Zusammenhang ist "Torwartl", ein alter Hausname in Kruppach erwähnenswert.
Für die Rekatholisierung sollte vor allem die Schlosskirche zeichenhaft werden. 1755 verstarb die Gräfinwitwe, der bis zu ihrem Abscheiden evangelischen Gottesdienste in der Kirche mit ihrer Familiengruft gestattet worden waren. Am 3.Juli wurde darauf der Beschluss des Kurfürsten bekannt gegeben, dass die Schlosskirche für den evangelischen Gottes dienst gesperrt würde.
Die Evangelischen aus dem Landl protestierten dagegen beim Kurfürsten und in Regensburg. Und hier setzt eine Überlieferung ein, für die wir noch keinen historischen Beleg gefunden haben, die aber doch nicht ganz frei erfunden sein muss: Als Friedrich der Große, dessen Vater, Friedrich Wilhelm - der Soldatenkönig - erster Taufpate des zu früh verstorbenen Erbprinzen auf Sulzbürg, von dieser Kirchenschließung erfahren habe, soll er gedroht haben, drei katholische Kirchen in seinem Lande so lange zu versperren, bis die Schlosskirche wieder dem evangelischen Ritus freigegeben würde.
Sei es wie dem sei, der Kurfürst überließ doch schließlich die Schlosskirche den Protestanten in Sulzbürg. Sechsunddreißig Wochen soll bis dahin bei jedem Wetter evangelischer Gottes dienst vor der Kirche stattgefunden haben. Ab Mitte Februar 1756 war die Schlosskirche wieder für den evangelischen Gottesdienst zugänglich.
Auch hierum rankt sich eine historisch nicht belegbare Überlieferung, die jedoch vom Wesen her zumindest stimmen könnte: So soll der katholische Beamte, Graf von Preysing, der für den Kurfürsten im ehemaligen Schloss der Wolfsteiner residierte, als die Schlüssel zur Kirche von ihm abgeholt wurden, sie zum Fenster hinaus in den Schlossgraben geworfen haben.
Sicher ist auf jeden Fall überliefert, dass der Mesner noch bis vor hundert Jahren zu jedem Gottesdienst die Schlüssel im Schloss abholen und sie unmittelbar nachher dort an einen bestimmten Nagel wieder zurückhängen musste.

 

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